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Fachnachrichten plus

NEWSLETTER SEPTEMBER 2024

THEMEN

 
1. Erstprüfung: Vier Fragen ans IDW
2. Nachhaltig durch De-Industrialisierung?
3. Gesetzgebung ist Teamarbeit: IDW und Bundesjustizminister Dr. Buschmann
4. Saldenbestätigung: Irreführung des Abschlussprüfers?
5. Seminar Q3-24
6. Herausgeber
1.

Erstprüfung: Vier Fragen ans IDW

 

Wie weit muss beim Prüferwechsel der alte Prüfer dem neuen Prüfer mit Auskünften und Arbeitspapieren unterstützen?

Gleich drei Verlautbarungen hält das IDW bereit:

  • ISA (DE) 300, Prüfungsplanung,
  • ISA (DE) 510, EB-Werte bei Erstprüfungsaufträgen, und
  • IDW F&A, Zur Einführung der ISA (DE)

Zu viel des Guten, zudem: Die Verlautbarungen sind ungenau und widersprechen sich:

  • Die Anforderungen von ISA (DE) 510 fordern vom neuen Prüfer Prüfungsnachweise durch Prüfungshandlungen wie z.B. Durchsicht der Arbeitspapiere des alten Prüfers (ISA (DE) 510, Tz. 6).
  • Die Anwendungshinweise von ISA (DE) 510 erklären, der alte Prüfer ist dem neuen Prüfer zur Einsichtsgewährung nicht verpflichtet (ISA (DE) 510, Tz. D.A7.2).

Erste Frage: Was ist der Unterschied zwischen Durchsicht und Einsicht?

Auch ChatGPT irrt umher: In Chat 1 erklärt es, Durchsicht sei mehr als Einsicht, in Chat 2 dagegen, Einsicht sei mehr als Durchsicht.

  • Die Anforderungen von ISA (DE) 300 fordern vom neuen Prüfer während der Prüfungsplanung eine Kommunikation mit dem alten Prüfer (ISA (DE) 300, Tz. 12).
  • IDW F&A zu ISA (DE) behauptet gar: Es gibt eine „explizite Anforderung“ bei Erstprüfungen, mit dem alten Prüfer zu kommunizieren (IDW F&A zu ISA (DE), Tz. 4.5.1).

Zweite Frage: Warum die angeblich explizite Anforderung zur Kommunikation?

Das IDW patzt, und darum hier glasklar:

Das Gesetz steht über IDW-Verlautbarungen.

Der neue Prüfer hat gegen alten Prüfer bestenfalls Anspruch auf Vorlage des Prüfungsberichts und sonst auf gar nichts (§ 320 Abs. 4 HGB, § 42 Abs. 4 BS WP/vBP). Der alte Prüfer muss mit dem neuen Prüfer

  • nicht telefonieren,
  • kein Webmeeting führen,
  • keine Auskünfte erteilen,
  • weder Aufklärungen noch Nachweise erbringen und
  • schon gar nicht Einsicht oder Durchsicht seiner Arbeitspapiere geben.

Freiwillig mehr geht immer, wenn der Ex-Mandant es erlaubt. Dazu muss der alte Prüfer vorher Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht einholen, sonst macht er sich strafbar. Vielleicht möchte der Ex-Mandant den neuen Prüfer die Fehler lieber selbst finden lassen.

Dritte Frage: Warum befassen wir uns mit Spitzfindigkeiten wie Durchsicht und Einsicht sowie Kommunikation?

Weil nach IDW das Lesen des Prüfungsberichtes des alten Prüfers allein nicht mehr ausreicht.

Nach den neuen IDW GoA muss der neue Prüfer selbst hinreichende Sicherheit über die materielle Richtigkeit der EB-Werte erlangen – obwohl der alte Prüfer sie als SB-Werte schon geprüft hat. Ein WP/vBP darf dem Urteil eines anderen WP/vBP nicht vertrauen, und das ist absurd

Vierte Frage: Ob der Mandant für diesen Mehr-Aufwand (= Zweitprüfung) Verständnis hat?

 

Literatur

  • PR1MUS, Erstprüfung: Durchsicht Arbeitspapiere des alten Prüfers (Praxisfall), Q3-24.
   
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2.

Nachhaltig durch De-Industrialisierung?

 

Prolog

Mittelständische Unternehmen bekommen inzwischen vermehrt Post von ihren Banken: Unverblümt drohen die Banken Zinsaufschläge an, wenn die Unternehmen demnächst keinen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen.

Das beeinträchtigt die Allokationseffizienz: Kapital wird vermehrt in nicht-betriebswirtschaftlich sinnvolle Investitionen versenkt.

Privileg

Die Bundesländer schaffen sich ihre Ausnahmen:

Nach landesrechtlichen Vorschriften sind öffentliche GmbH mittelbar zum Nachhaltigkeitsbericht verpflichtet, wenn sie einen Lagebericht nach den Vorschriften für große Gesellschaften aufstellen müssen.

  • Nordrhein-Westfalen reformierte Anfang dieses Jahres die Gemeindeordnung NRW und Eigenbetriebsordnung NRW. Für Aufstellung und Prüfung zählt dort inzwischen allein die tatsächliche Größe: Kleine Gesellschaften müssen keinen Lagebericht mehr aufstellen, mittelgroße Gesellschaften einen Lagebericht ohne Nachhaltigkeitsbericht.
  • Sachsen geht einen anderen Weg: Dort wird vom Innenministerium „rechtsaufsichtlich nicht beanstandet“, wenn kommunale Unternehmen keinen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen. Die Sächsische Gemeindeordnung wird gar nicht erst geändert. Autonomer Bürokratieabbau: Sachsen beachtet seine eigenen Gesetze nicht, weil es keine Zeit mehr hat, sie zu beachten. Schlichte Eleganz.
  • Thüringen macht es wieder anders: Dort müssen öffentliche GmbH zwar weiter Abschluss und Lagebericht nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften aufstellen und prüfen lassen. Dagegen richtet sich die Pflicht zum Nachhaltigkeitsbericht nach der tatsächlichen Größe (§ 75 Abs. 4 Satz 3 ThürKO).
  • Auch Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein passten ihr Landesrecht an.

Rette sich wer kann

Eine EU-CSRD führt zu einem CSRD-Umsetzungsgesetz im Bund und 16 Vermeidungsgesetzen in den Ländern.

Angst

Deutschlands De-Industrialisierung läuft.

Aktuell schließt ein mittelständischer Automobilzulieferer aus Lüdenscheid (Konzern-Umsatzerlöse 2022: Mrd. EUR 2,8) alle Produktionsstandorte in Deutschland. Die Produktion wird ins Ausland verlagert.

Hunderten Mitarbeitern in Lüdenscheid wurde letzten Monat gekündigt. Das Arbeitsgericht Iserlohn wird überschwemmt von Kündigungsschutzklagen.

Kein Klagelied, sondern Faktum.

Problem

Die EU allein kann den Klimawandel nicht aufhalten. Klima ist ein weltweites Kollektivgut – alle Länder müssen mitmachen.

 

Literatur

Rasch/Ferber, Ökonom Hans-Werner Sinn: „Deutschland richtet seine eigene Industrie zugrunde. Das werden andere Länder begrüßen, aber nicht kopieren“, in: Neue Zürcher Zeitung (NZZ), 3.9.2024.

   
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3.

Gesetzgebung ist Teamarbeit: IDW und Bundesjustizminister Dr. Buschmann

 

Hand in Hand“ – so hieß kurz nach der Wende – gemeint ist die Wende, nicht Scholzens Zeitenwende – das Titellied vom Tatort „Unter Brüdern“. Schimanski und Thanner (West) ermitteln gemeinsam mit Fuchs und Grawe (Ost).

Übrigens ein Tatort, vor dem die ARD heute im Vorspann warnt, er enthalte zeitgeschichtlich bedingt Passagen mit diskriminierender Sprache und Haltung.

Hand in Hand gehen auch das IDW und Bundesjustizminister Dr. Buschmann. Und das kam so:

Kürzlich kam die Einladung zum IDW Jahreskongress in München. Früher hieß das Treffen IDW Arbeitstagung und fand in Baden-Baden statt. Später wurde es mangels Nachfrage eingedampft.

Also IDW Jahreskongress, und Anglizismen sind en vogue, mehr denn je:

Get together, Event-Abend, Key Note Speaker, Group Sessions, Business Administration, Female, Quality Assurance, Reporting, Sustainability, Tax, Networking, Closing Session …

Geschmacksexplosion: Dazu reicht das IDW seinen Gästen einen "kosmobiodynamischen Willkommenstrunk" mit musikalischer Untermalung – was ist das? Bio-Smoothie mit Red Bull?!

Während uns das IDW über eine Mittelstandsinitiative belabert (Group Session A8), betreibt es mit der WP-CSRD-Vorbehaltsaufgabe zur Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts gezielt-gewissenlos die gesetzlich forcierte Marktbereinigung.

Auf dem IDW Jahreskongresse spricht auch Bundesjustizminister Dr. Buschmann.

Dazu hochmütig das IDW: „Gesetzgebung ist Teamarbeit“. Da weißt Du Bescheid, woll?

   
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4.

Saldenbestätigung: Irreführung des Abschlussprüfers?

 

Jahresabschlussprüfung: Wie immer startete der Prüfer eine Saldenbestätigungsaktion Debitoren und Kreditoren.

Und erhielt folgende Ablehnung eines Debitors vom Mandanten weitergeleitet:

In der Vergangenheit hätte man Anfragen immer beantwortet. Das aber wäre nach Sec. 303 Sarbanes-Oxley Act jetzt unmöglich. Anfragen würden nicht mehr beantwortet. Dies wäre die einzig sinnvolle Möglichkeit.

Was steht in Sec. 303 Sarbanes-Oxley Act? Darin steht vereinfacht:

Rechtswidrig handelt, wer einen Abschlussprüfer irreführt.

Überraschende Erkenntnis. Die zu bestätigende Forderung betrug übrigens dreitausend Euro.

Nun kann der Prüfer einen Gläubiger oder Schuldner zur Saldenbestätigung nicht zwingen. Was tun?

Praktikermethode:

Nicht betroffen ist die tägliche Kontenabstimmung. Also stimmt der Mandant selber mit dem unwilligen Debitor den Saldo zum Abschlussstichtag ab und leitet das Ergebnis an den Prüfer weiter.

Das ist formal zwar keine externe Bestätigung (früher: Bestätigung Dritter), weil die Kontrolle über das Bestätigungsverfahren nicht mehr beim Prüfer liegt, sondern nur alternative Prüfungshandlung.

Wen juckt’s?

   
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5.

Seminar Q3-24

 

Tournee läuft. Alle Seminare finden statt. Ich freue mich auf Sie.

Hier gibt es die Tagesordnung.

 

Wir sehen uns – PR1MUS voraus!

   
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6.

Herausgeber

 

WP StB Mark Schüttler – Memeler Weg 44 – 58511 Lüdenscheid

info@primus-seminare.de

 
   
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