Ihr Mandant wächst und gedeiht. Früher haben Sie seinen Abschluss erstellt, jetzt ist er prüfungspflichtig. Dürfen wir da ran?
Nein!
Zur Erstprüfung gehört die Prüfung der materiellen Richtigkeit der EB-Werte (ISA (DE) 510, Tz. 6; IDW PS 205, Tz. 9). Der Prüfer ist ausgeschlossen, wenn er bei Buchführung und Aufstellung mitgewirkt hat (§ 319 Abs. 3 Nr. 3 HGB. Das gilt natürlich auch für den Vorjahresabschluss. Denn die SB-Werte des Vorjahres sind die EB-Werte des aktuellen Jahres.
Trotz Wahlbeschluss und Auftragsbestätigungsschreiben: Der Prüfungsauftrag kommt nicht zustande, und der Prüfungsvertrag ist nichtig; er verstößt gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB).
Einfach doch prüfen?
Besser nicht: Verstoß gegen die Gewissenhaftigkeit und vermutlich Rüge mit Geldbuße im berufsaufsichtlichen Verfahren.
Seit FISG muss die Wirtschaftsprüferkammer bei berufsaufsichtlichen Maßnahmen übrigens den Namen des Berufsangehörigen veröffentlichen (§ 69 Abs. 1 WPO). Wer möchte hier schon fünf Jahre lang am Pranger stehen?
www.wpk.de/wpk/berufsaufsicht/massnahmen/2023/
Aber wie dann?
Die Prüfungspflicht kommt nicht hopplahopp, sondern sie kündigt sich an: wenn Ihr Mandant erstmals mittelgroß ist.
Bestimmt hat Ihr Mandant in den letzten Jahren Ihre Erstellungen aufmerksam begleitet und viel gelernt, dass er jetzt den Abschluss erstmals (selbst) aufstellen kann und Sie diesen vom Mandanten aufgestellten Abschluss einer prüferischen Durchsicht unterziehen können.
Haben Sie die Abschlüsse formal bislang ohne Beurteilungen erstellt, ist die prüferische Durchsicht auch insoweit ein Schritt in Richtung Prüfung, da sie Befragungen und Plausibilitätsprüfungshandlungen umfasst.
Auf die Verpackung kommt es an: Ein bisschen Aroma, ein bisschen Chichi! Let’s go!
Die prüferische Durchsicht empfiehlt sich ausnahmsweise mit Inventurbeobachtung. Ist zwar für die prüferische Durchsicht nicht nötig, aber auf Ihrer späteren Erstprüfung ein Jahr später sollen Sie ja nicht wegen Nichtbeobachtung der Vorjahresinventur einschränken müssen (ISA (DE) 510, Anlage D).
Und wenn es schon zu spät ist?
Ist das Vorjahr schon erstellt, bleibt nur ein Interims-Prüfer, der Ihnen das Mandat nicht abluchst. Jetzt muss der Interims-Prüfer einschränken, weil er ein Jahr zuvor nicht bei der Inventur dabei war. Ein Jahr später kommt das Mandat zu Ihnen zurück. Die Steuern bleiben sowieso bei Ihnen.