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FACHNACHRICHTEN PLUS - MAI 2024

THEMEN

 
1. Nachhaltigkeit: Die Tricksereien der Wirtschaftsprüferkammer
2. Kuriose Auslegung: Gegenderte Gesetze schaffen Rechtsunsicherheit
3. Wann ist der Abschluss zu unterzeichnen?
4. Seminar Q2-24
5. Herausgeber
1.

Nachhaltigkeit: Die Tricksereien der Wirtschaftsprüferkammer

 

Letzten Monat veröffentlichte das Bundesjustizministerium seinen CSRD-Referentenentwurf.

Danach soll die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts zur neuen Vorbehaltsaufgabe werden:

Prüfer sollen sein der Abschlussprüfer oder ein anderer Wirtschaftsprüfer.

Prüfungsdienstleister sollen nicht zugelassen werden, obwohl der WP-Berufsstand viel zu klein ist:

15.000 CSRD-prüfungspflichtigen Unternehmen stehen nur 14.950 Wirtschaftsprüfer gegenüber:

Schon quantitativ ist der Berufsstand überfordert:

Weniger als ein Drittel der Wirtschaftsprüfer macht noch gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen, und noch weniger Wirtschaftsprüfer werden gesetzlich vorgeschriebene Nachhaltigkeitsprüfungen machen – wie soll es ohne Prüfungsdienstleister gehen?

Die Wirtschaftsprüferkammer ficht das nicht an. Ihr geht der CSRD-Referentenentwurf sogar noch nicht weit genug.

Trickreich fordert sie umfangreiche Änderungen. Dazu drei Beispiele:

Beispiel 1

Die Wirtschaftsprüferkammer sagt, der Abschlussprüfer sei der geborene Prüfer für den Nachhaltigkeitsbericht.

Zugleich sagt sie: Die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes sei – anders als die Abschlussprüfung – keine betriebswirtschaftliche Prüfung, sondern eine Prüfung eigener Art. Dazu soll § 2 Abs. 1 WPO geändert werden.

Heißt: Die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes ist eine naturwissenschaftlich-technische Prüfung. Wirtschaftsprüfer sind aber meist BWLer oder VWLer, keine Ingenieure, haben die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes eben nicht in die Wiege gelegt bekommen.

Beispiel 2

Allen Warnungen der Industrie zum Trotz: Die Wirtschaftsprüferkammer sieht in einer neuen Vorbehaltsaufgabe grundsätzlich kein Kapazitätsproblem.

Zugleich sagt sie: Es werde nach Inkrafttreten der CSRD voraussichtlich zu wenige Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte geben. Es drohe die Situation, dass Unternehmen keinen zugelassenen Wirtschaftsprüfer finden.

Heißt: Also gibt es ohne Prüfungsdienstleister doch ein Kapazitätsproblem.

Beispiel 3

Der CSRD-Referentenentwurf will die Regeln zur Haftung aus der Abschlussprüfung auf die Nachhaltigkeitsprüfung übertragen (§ 324j HGB-E).

Nach dem Versagen bei Wirecard wurde die Haftung verschärft: Für grobe Fahrlässigkeit gelten deutlich höhere Haftungshöchstgrenzen, mitunter sogar unbeschränkte Haftung.

Die Wirtschaftsprüferkammer sagt: Mit nur begrenzter Sicherheit bei Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes statt hinreichender Sicherheit bei der Abschlussprüfung müsse eine niedrigere Haftung einhergehen. Sonst drohe ein unattraktiver Prüfermarkt für Nachhaltigkeitsberichte. Die Entwicklung eines ausreichend großen und stabilen Marktes sei gefährdet.

Heißt 1: Also gibt es ohne Prüfungsdienstleister doch ein Kapazitätsproblem.

Heißt 2: Bei Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten durch Wirtschaftsprüfer ohne naturwissenschaftlich-technischem Verständnis drohen vermehrt Haftungsfälle. Der Abschlussprüfer ist eben doch nicht der geborene Prüfer für den Nachhaltigkeitsbericht.

Übrigens setzt Haftung eine Pflichtverletzung voraus. Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, beurteilt sich abhängig vom Sicherheitsgrad. Nur begrenzte statt hinreichender Sicherheit erhöht das Haftungsrisiko keineswegs – mangelndes technisches Wissen dagegen durchaus!

Die kleinen Prüfer sollen ausscheiden, und die großen Prüfer weitgehend enthaftet werden, woll?

Und so geht uns ein Licht auf:

Bei Zulassung von Prüfungsdienstleistern fallen die genannten Probleme weg. Will die Wirtschaftsprüferkammer aber nicht. Und das zeigt: Es geht nicht um Qualität, es geht um Marktbereinigung.

Literatur

  • Wirtschaftsprüferkammer, Stellungnahme zum CSRD-Referentenentwurf, 19.4.2024.
  • Wirtschaftsprüferkammer, Eckpunktepapier der Wirtschaftsprüferkammer zur Umsetzung der CSRD, 14.2.2023.
  • Hommelhoff, Verantwortung der Unternehmen, Leserbrief, FAZ, 27.4.2024.
   
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2.

Kuriose Auslegung: Gegenderte Gesetze schaffen Rechtsunsicherheit

 

Kürzlich wurden in Nordrhein-Westfalen die Gemeindeordnung NRW und Eigenbetriebsverordnung NRW geändert.

Vereinfacht gelten inzwischen die handelsrechtlichen Mindestvorschriften für Aufstellung von Abschluss und Lagebericht.

Aufgrund mangelhafter HGB-Kenntnisse im NRW-Heimatministerium war indes vieles unklar (vgl. Fachnachrichten Plus, März 2024).

Unklar war etwa, warum bei Prüfung des Jahresabschlusses oder Gesamtabschlusses einer Gemeinde bzw. des Jahresabschlusses eines Eigenbetriebes eine externe Rotation eingeführt werden sollte – strenger als beim DAX-Unternehmen.

Lesen wir gemeinsam den neuen § 102 Abs. 2 Satz 2 GemO NRW:

„[Es] soll ein Wechsel der Abschlussprüferin oder des Abschlussprüfers erfolgen, wenn diese oder dieser fünf aufeinanderfolgende Jahresabschlüsse (…) geprüft hat, sofern nicht Gründe für einen früheren Wechsel vorliegen.“

Das nennt man externe Rotation.

Überraschend stellt das Ministerium jetzt in der zum Gesetz nachgeschobenen Handreichung „Häufige Fragen & Antworten“ fest:

Gemeint ist die interne Rotation!

Diese kuriose Auslegung begründet sich wie folgt:

  • Der gegenderte Begriff „Abschlussprüferin oder Abschlussprüfer“ legt eine personenbezogene Betrachtung nahe.
  • Hätte man die Rotation dagegen auf die WP-Praxis insgesamt beziehen wollen, hätte man auf den „Abschlussprüfer“ als Oberbegriff abstellen müssen.

Darauf muss man kommen. Auch WPK und IDW hatten die Regel als externe Rotation verstanden.

Sicher: Mit dieser Auslegung können wir gut leben. Nur:

Will man damit einen Gesetzesfehler heilen, oder gibt es in der juridischen Methodenlehre neben grammatikalischer, systematischer, historischer und teleologischer Auslegung bald auch die gendergerechte Auslegung?

Das HGB jedenfalls kennt weiter nur den „Abschlussprüfer“.

Mit Gendern in Gesetzen war zuvor schon Bundesjustizministerin a.D. Christine Lambrecht auf die Nase gefallen: Der SanInsFoG-Referentenentwurf 2020 sprach stets nur von z.B. „Geschäftsführerin“ und „Schuldnerin“. Bundesinnenminister a.D. Horst Seehofer fürchtete Verfassungswidrigkeit, weil das Gesetz dem Wortlaut nach nur Frauen, nicht aber auch Männer verpflichtete. Schließlich entschied sich das Bundesjustizministerium für das generische Maskulinum.

Nebenbei:

Was ist die Ursache von Gendern?

Ursache scheint mir die Auslegung des generischen Maskulinums als „Frauen sind mitgemeint“.

Sinnvoller scheint mir folgende Auslegung: Frauen sind gar nicht gemeint. Und Männer auch nicht. Das Geschlecht ist irrelevant. Andere Merkmale auch. Alle sind gemeint.

Eine Frage habe ich noch:

Meint die neue interne Rotation in NRW den Wechsel der verantwortlichen Prüfungspartner oder nur des Auftragsverantwortlichen/verantwortlichen Wirtschaftsprüfers?

Literatur

  • IDW, Kommunale Unternehmen – Fragen & Antworten zum 3. NKFWG NRW, 23.4.2024.
  • IDW, Berichterstattung über die 138. Sitzung des Fachausschusses für öffentliche Unternehmen und Verwaltungen (ÖFA), 28.2.2024.
  • SZ, Besser keine „Geschäftsführerin“ oder „Schuldnerin“, 12.10.2020.
   
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3.

Wann ist der Abschluss zu unterzeichnen?

 

Der Abschluss ist vom Kaufmann unter Angabe des Datums zu unterzeichnen (§ 245 Satz 1 HGB).

Was ist der richtige Zeitpunkt?

Herrschende Meinung ist: Die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Unterzeichnung kann sich nur auf den finalen festgestellten Abschluss beziehen.

Der aufgestellte Abschluss ist Entwurf. Nur wenn es zwischen aufgestelltem und festgestelltem Abschluss keine Unterschiede gibt, genügt die Unterzeichnung des aufgestellten Abschlusses.

Jetzt plant der CSRD-Referentenentwurf fernab der Nachhaltigkeit folgende Änderung:

Der Abschluss ist vom Kaufmann unter Angabe des Datums schriftlich aufzustellen (§ 245 Satz 1 HGB-E).

Nicht mehr zu unterzeichnen, sondern schriftlich aufzustellen. Was heißt das?

Schreibt das die doppelte Unterzeichnung vor (1. aufgestellter Abschluss, 2. festgestellter Abschluss)? Wäre dann eine zusätzliche Prüfungshandlung. Wissen Sie auch um die Qualität der Anhänge zu Prüfungsbeginn? Ohne Anhang ist kein Abschluss ausgestellt.

Falsch ist jedenfalls die Begründung im CSRD-Referentenentwurf, wonach die Änderung nur klarstellend sei.

Es gibt noch viel zu tun.

Literatur

  • Heidel/Schall, Handelsgesetzbuch, 4. Aufl. 2024, § 245.

  • IDW, Stellungname zum CSRD-Referentenentwurf, 19.4.2024.

   
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4.

Seminar Q2-24

 

Das zweite Quartal fängt an. Alle Seminare finden statt.

Hier gibt es die Tagesordnung.

Wir sehen uns – PR1MUS voraus!

   
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5.

Herausgeber

 

WP StB Mark Schüttler – Memeler Weg 44 – 58511 Lüdenscheid

info@primus-seminare.de

 
   
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