Früher war Herr Dr. Orth ein angesehener Mann:
Seit 2005 bei EY, dort ab 2017 Leiter der Grundsatzabteilung „Professional Practice Group“, ab 2017 Mitglied im HFA des IDW, Vorstandsmitglied der WPK (2018 - 2022), dort ausgerechnet Mitglied der Vorstandsabteilung Berufsaufsicht, und noch mehr.
Damals war er noch WP. Ist er jetzt nicht mehr. Und das kam so:
Vor drei Jahren geriet EY durch ihre „schlampige Prüfung“ von Wirecard in den Fokus der Öffentlichkeit (FAZ, 13.4.23). Über Jahre hinweg war EY nicht in der Lage gewesen, liquide Mittel ordnungsmäßig zu prüfen. Mrd. EUR 1,9 waren unauffindbar. EY fühlt sich betrogen.
Schon damals fiel Herr Dr. Orth mit seiner abenteuerlichen Meinung zur kritischen Grundhaltung im Wirecard-Untersuchungsausschuss auf: „Rein auf Basis von Zweifeln, rein auf Basis von Vermutungen, rein auf Basis von Behauptungen ist der Abschlussprüfer qua Gesetz nicht in der Lage, den Bestätigungsvermerk einzuschränken.“ (Bundestag, Schlussbericht des Wirecard-UA, BT-Drs. 19/30900, 22.6.21, 385).
Hoppla, kennt Herr Dr. Orth denn keine Prüfungshemmnisse? Der Untersuchungsausschuss stellte denn auch im Juni 21 „schwere Versäumnisse“ bei der Wirecard-Prüfung fest und auch Versäumnisse bei Herrn Dr. Orth als Leiter der EY-Qualitätskontrolle (Bundestag, Schlussbericht des Wirecard-UA, BT-Drs. 19/30900, 22.6.21, 1621).
Trotzdem widmete die ehrwürdige IDW Life im August 21 Herrn Dr. Orth eine halbe Seite zu Werdegang, Aufgaben und Zielen und was Europa für ihn bedeutete (vgl. IDW Life 21, 809). Im Januar 22 wurde Dr. Orth als Mitglied des HFA vorgestellt (vgl. IDW Life 22, 24). Und noch im Dezember 22 sprach Herr Dr. Orth zur Nachhaltigkeit (vgl. IDW Life 22, 1130).
Jedenfalls ermittelte die APAS zum Schluss gegen 12 WP sowie gegen EY selbst wegen Berufspflichtverletzungen bei den Wirecard-Prüfungen.
Fluchs verzichteten 7 WP auf ihre Bestellung. So mussten sie keine Sanktionen fürchten, denn die APAS kann nur gegen Berufsangehörige vorgehen. Dr. Orth wurde inzwischen aus dem Berufsregister gelöscht. Zur Beiratswahl 22 war er schon gar nicht mehr angetreten.
Dagegen führt das IDW-Mitgliederverzeichnis Herrn Ex-WP Dr. Orth noch als Mitglied und WP (Abruf: 19.6.23) – wäre mal zu aktualisieren, woll?
Im März 23 wurde EY von der APAS mit einer Geldbuße von TEUR 500 und einem zweijährigen PIE-Prüfungsverbot für neue Mandate belegt; die übrigen 5 WP erhielten Geldbußen von TEUR 23 bis TEUR 300 (vgl. APAS, Beschlusskammerentscheidung „Berufsaufsicht“ zum Berufsaufsichtsverfahren der Abschlussprüfer in Sachen Wirecard, 3.4.23). Berufsverbote gab es nicht.
Und was macht der Mann nun?
Jetzt ist Dr. Orth der globale Solution Leader für Sustainability Reporting and Aussurance der CCaSS in Stuttgart. Keck schreibt EY auf seiner Internetseite: „Vor dem Hintergrund seiner beruflichen Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer trägt er zudem zur Entwicklung von Standards zur Prüfung der Nachhaltigkeitberichterstattung bei“ (Abruf: 19.6.23).
Eine Frage habe ich noch: Klingt Solution Leader wirklich besser als Wirtschaftsprüfer?