Letzten Monat veröffentlichte das Bundesjustizministerium seinen CSRD-Referentenentwurf.
Vorweg: Das IDW sprach zeitweise falsch vom Gesetzentwurf. Den gibt es noch gar nicht.
Der Unterschied:
Der Referentenentwurf kommt vom FDP-Bundesjustizministerium – ist also nicht mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgestimmt.
Wer soll den Nachhaltigkeitsbericht prüfen?
Deutschland kann wählen:
- der Abschlussprüfer,
- ein anderer Wirtschaftsprüfer oder
- ein Prüfungsdienstleister (Nicht-WP)
WPK und IDW wollen Exklusiv-Rechte:
Der Abschlussprüfer sei der geborene Prüfer. Dies stelle zwar kleine und mittlere Praxen vor enorme Herausforderungen. Doch mache Nachhaltigkeit den WP-Beruf noch vielfältiger und attraktiver.
Sehnen sich die Berufsanwärter wirklich nach einem fünften Prüfungsmodul im Examen? Das sind dann bis zu 9 Klausuren! Wer tut sich das an?
Alle anderen Player wollen dagegen Prüfungsdienstleister zulassen:
EU-Kommission, Wirtschaftsverbände, Prüfungsorganisationen und auch wp.net.
Fast alle Wirtschaftsprüfer sind BWLer oder VWLer.
Und sollen bald Angaben z.B. zu Kohlendioxid, Methan, Dickstoffstoffoxid, teilfluorierte Kohlenwasserstoffe, perlfluorierte Kohlenwasserstoffe, Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid etc. pp. prüfen.
Bewegt sich das nicht grundlegend außerhalb des Knowhows von Wirtschaftsprüfern? Drohen nicht Fehlurteile und nach Wirecard ein weiterer Reputationsverlust des Berufsstandes?
Wie stark ist die Lobby der großen Prüfungsgesellschaften?
Nach dem CSRD-Referentenentwurf soll die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts zur neuen Vorbehaltsaufgabe werden:
Prüfer sollen sein der Abschlussprüfer oder ein anderer Wirtschaftsprüfer. Es sollen keine Prüfungsdienstleister zugelassen werden – es droht die Verdrängung mittelständischer Prüfer.
Noch ist keine Entscheidung gefallen.
Bis 19. April 2024 konnten Verbände Stellungnahmen ans Ministerium einreichen. Insbesondere interessiert sich das Ministerium für Meinungen der Verbände über die Zulassung von Prüfungsdienstleistern.
Auch wp.net hat eine Stellungnahme eingereicht:
wp.net empfiehlt, technische Prüfungsdienstleister wie Umweltgutachter und akkreditierte Unternehmen zuzulassen.
Das lehnen WPK und IDW noch immer ab:
Die Sorge unzureichender Kapazitäten bei sei unbegründet. Wirtschaftsprüfer verfügen über Expertenwissen zur Durchführung qualitativ hochwertiger Prüfungen, heißt es dort.
Tatsächlich?
Wer mit Ablauf letzten Jahres als Wirtschaftsprüfer bestellt war, muss sich zur Nachhaltigkeit zwar fortbilden, aber keine Eignungsprüfung bestehen (Bestandsschutzregelung).
Die Fortbildung soll nach dem CSRD-Referentenentwurf Voraussetzung für die Registrierung als Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte sein. Ohne Registrierung ist man als Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte ausgeschlossen.
Noch immer hat die Wirtschaftsprüferkammer keine Inhalte der Fortbildung geregelt. Will sie wohl vorerst auch nicht.
Denn jetzt gesteht die Wirtschaftsprüferkammer:
Es wird nach Inkrafttreten der CSRD voraussichtlich zu wenige Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte geben. Es drohe die Situation, dass Unternehmen keinen zugelassenen Prüfer finden.
Also gibt es doch ein Kapazitätsproblem – obwohl WPK und IDW doch stets das Gegenteil sagen.
Dieses Kapazitätsproblem lösen will die Wirtschaftsprüferkammer nun auf die ganz unorthodoxe Art:
Die Registrierung als Prüfer für Nachhaltigkeitsberichte soll nicht an den Nachweis einer vorausgehenden Fortbildung geknüpft werden. Sondern:
An die Stelle einer vorausgehenden Fortbildung tritt eine nachfolgende Fortbildung!
Diese nachfolgenden Kenntnisse sollen im Rahmen der allgemeinen Fortbildungsverpflichtung erworben werden.
Hurra: Wir setzen uns zuerst an Steuer und machen dann ganz nebenbei den Führerschein.
Wohlgemerkt:
Die nachfolgende Fortbildung soll nur übergangsweise für das Geschäftsjahr 24 gelten, d.h. für CSR-pflichtige Unternehmen, z.B. DAX-Unternehmen.
Prüfer von mittelständischen Unternehmen haben davon nichts: Mittelständische Unternehmen sind erst ab Geschäftsjahr 25 dran mit der Nachhaltigkeit.
Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt? Warten wir, was die Politik dazu sagt.
Übrigens wollen WPK und IDW auch weiter ein einheitliches WP-Examen mit Nachhaltigkeit als zwingendem Bestandteil. Dagegen will der CSRD-Referentenentwurf Nachhaltigkeit als freiwilliges zusätzliches Modul einführen.
Den aktuellen Stand zur CSRD finden Sie hier.
Es bleibt spannend.
Literatur
Stellungnahmen zum CSRD-Referentenentwurf vom wp.net, WPK und IDW vom 19.4.2024.